Ein fester Tagesablauf
In jeder Familie schleicht sich nach und nach ein Tagesablauf ein. Immer Wiederkehrendes, an dem sich das Kind orientieren kann. Feste Rituale, die helfen Übergänge zu gestalten, so wie das Vorlesen eines Gute-Nacht-Buchs. Auch bei mir, im Bienenstübchen, gibt es daher einen festen Tagesablauf, mit immer wiederkehrenden Ritualen und Strukturen. Diese festen Bestandteile sind mir sehr wichtig, da kleine Kinder noch keine Uhrzeiten lesen können und sich daher anhand der Rituale, die ihnen ein erstes Zeitgefühl geben, orientieren. Nicht nur den Kindern hilft der Tagesablauf sich zu orientieren. Auch mir selbst hilft er den Alltag zu strukturieren und den mir gestellten Anforderungen im Hinblick auf Betreuung, Bildung und Erziehung gerecht werden zu können.
Der Tagesablauf im Bienenstübchen passt sich hinsichtlich der Uhrzeiten und Abläufe der aktuellen Kindergruppe an. Dies kann in der Kindertagespflege viel schneller und dynamischer passieren, als in einer Kita. Wenn zum Beispiel die Kinder bereits früher Hunger haben, wird das Essen vorgezogen. Sind die Kinder älter und benötigen mehr Zeit im Freien, wird die Zeit im Garten verlängert.
Das Freispiel
Beim Spielen lernt das Kind bekanntlich am besten. Was ist also wichtiger als das Freispiel? Denn in dieser Zeit kann das Kind sich die Welt aneignen. Maxim Gorki, ein russischer Schriftsteller, hat dies auf den Punkt gebracht: „Das Spiel ist der Weg der Kinder zur Erkenntnis der Welt, in der sie leben.“ Dieser Satz macht deutlich warum mir das Freispiel so am Herzen liegt.
Im Spiel setzt das Kind sich mit seiner Umwelt auseinander. Durch das Rollenspiel zum Beispiel erleben die Kinder eine Situation immer und immer wieder. Spielerisch gehen sie den Ablauf eines Arztbesuches durch, wiederholen die tröstenden Worte der Mutter gegenüber ihrer Puppe und beobachten genau, wie Mitmenschen um sie herum auf ihr Handeln reagieren. Im versunkenen Spiel lernen die Kinder sich zu konzentrieren, üben Ausdauer, Geschicklichkeit, das soziale Miteinander und vieles mehr.
Während dem Freispiel darf das Kind selbst entscheiden, wo, mit wem, was und wie lange es spielt. Es trainiert also seine Entscheidungsfähigkeit und Selbstbestimmung. Es lernt andere Kinder kennen, übt sich in der Kontaktaufnahme und knüpft erste Freundschaften. Die Kinder fördern ihre Kreativität, indem sie selbst Spielideen entwickeln. Sie trainieren spielerisch ihr Kommunikationsverhalten und erhalten einen Einblick in die grundlegenden Verhaltensregeln.
Während des Freispiels gebe ich den Kindern neue Spielimpulse, das heißt ich rege ein Rollenspiel (ein Restaurantbesuch, eine Zugfahrt, …) an, stelle neue Materialien zur Verfügung (Becken voll Kastanien, viele Schuhkartons, …) oder beginne mit einer Arbeit, die die Kinder neugierig macht (Knöpfe in eine Spardose werfen, Schnipsel reißen …). Hin und wieder tausche ich Spielmaterialien aus. Durch diese Impulse rege ich die Kinder an, neue Dinge zu entdecken und auszuprobieren und decke damit die verschiedenen Entwicklungsbereiche vom Körper, den Sinnen, der Sprache bis zum Denken, Fühlen und dem Thema Sinn, Werte und Religion ab.
Zudem biete ich ca. einmal in der Woche kleinere Angebote an. Nach Beobachtungen und Analyse des Spielverhaltens der Gruppe bzw. der einzelnen Kinder und durch hinzuziehen des Bildungs- und Orientierungsplans Baden-Württemberg entwickele ich diese, um die Entwicklungsbereiche des Kindes/ der Kinder zusätzlich zu fördern. So gestalte ich zum Beispiel eine Bilderbuchbetrachtung. Aus den Schnipseln, die wir am Vormittag gerissen haben, machen wir Schnipselbilder. Wir backen Kuchen, bauen eine Turnlandschaft auf oder malen mal auf ganz großen Papieren, auf dem Boden, mit ganzem Körpereinsatz. Dabei entstehende Werke können je nach Größe in einen Portfolioordner abgeheftet, aufgehängt oder mit nach Hause genommen werden. Da der Haupt-Spielraum des Bienenstübchens abends wieder zu einem Familienraum wird, können größere gebaute Sachen nicht stehen bleiben.
Selbsständigkeitserziehung
Übungen des täglichen Lebens bilden den ersten Grundstein für die Entwicklung von Selbstständigkeit, die wir alle später brauchen. Außerdem wird das Selbstvertrauen dadurch gesteigert. Wenn ich den Kindern zeige, dass sie selbst ihre Jacke auf und zu machen können, und sie es dann auch schaffen, sind sie selbst auf sich stolz. Das ist ein tolles Gefühl. Ich hab es geschafft, ich kann das, ich werde groß. Nun kann das Kind selbst entscheiden, ob es die Jacke an oder ausziehen will. Es erhält also auch ein Stück Freiheit. Später können Kinder, denen gezeigt wird, wie sie Dinge selbst tun können, besser mit Herausforderungen umgehen, da sie nun selbst nach Lösungswegen suchen. Neben all den Punkten zählt für mich aber vor allem der Letzte. Kinder wollen selbstständig werden, sie wollen helfen beim Tischdecken und sie wollen sich alleine anziehen, denn sie folgen dabei einem inneren Bauplan, der sie zu eigenständigen Personen heranreifen lässt.
Sprachförderung
Die Sprachförderung erfolgt zu größten Teilen im alltäglichen Leben. Das Wichtigste für Kinder ist es, wenn Menschen mit ihnen kommunizieren, denn Kinder lernen am besten durch Vorbilder, so auch beim Spracherwerb. Im Bienenstübchen achte ich daher darauf den Alltag zu verbalisieren. Wir tun die Dinge nicht nur, wir reden auch darüber.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in meiner Arbeit, ist es mit den Kindern in Blickkontakt zu gehen. Ich begebe mich daher auf die Höhe des Kindes, wenn ich mit ihm spreche. Mir ist es wichtig, die Kinder zum Reden zu animieren, sie durch meine Mimik und Gestik zu ermutigen weiter zu sprechen und zu loben und ihnen die Zeit zu geben, die sie benötigen. Durch das Wiederholen des Gesprochenen der Kinder und das Einbinden in einen ganzen Satz fühlen die Kinder sich wahrgenommen und bestätigt und erhalten Anregungen zum weiteren Spracherwerb.
Sprache fördern heißt für mich auch Bilderbücher mit den Kindern anzuschauen, ihnen regelmäßig vorzulesen und mit ihnen gemeinsam die Geschichte anhand der Bilder zu erzählen. Ich selbst liebe es Bilderbücher zu entdecken und möchte diese Freude an die Kinder weitergeben.
Neben all dem findet auch im Morgenkreis Sprachförderung statt und zwar beim Singen und Fingerspiele machen.
Bild vom Kind
Kinder sind für mich ganz individuelle, soziale, kompetente von Natur aus gute Wesen. Sie entdecken und erobern ihre Umwelt aktiv, vor allem im Spiel durch nachahmen, ausprobieren und üben. Hierfür brauchen sie eine sichere, anregende Umgebung in der man wertschätzend mit ihnen umgeht.
Ich möchte für die Kinder im Bienenstübchen ein Wegbegleiter sein, der für sie da ist, wenn sie Hilfe brauchen, der mit ihnen spielt, der ihnen Impulse gibt, der sie motiviert weiter zu machen, der sie stärkt, lobt und anerkennt und der sie wertschätzt, so wie sie sind.
Ganzheitliche Entwicklung begleiten und fördern anhand der Jahreszeiten
Wissenschaftler, Ärzte, Politiker, Lehrer, Erzieher, alle reden von der frühkindlichen Bildung, weil Kinder in den ersten Jahren so viel lernen können. Doch die große Frage bleibt: Wie kann die Entwicklung der Kinder gut begleitet und gefördert werden?
Mit dieser Frage habe ich mich intensiv beschäftigt und immer wieder traf ich auf die Überschrift: Ganzheitliche Entwicklung begleiten und fördern. Im Folgenden möchte ich dies genauer erläutern.
Ganzheitlich bedeutet das Ganze im Blick zu haben. Wenn wir also von der Ganzheitlichen Entwicklungsbegleitung- und Förderung sprechen, müssen wir das ganze Kind im Blick haben. Das sogenannte „Trichterlernen“, ich stell mich vor die Kinder und erkläre ihnen die Welt, ist daher nicht der Weg zum Erfolg.
Das Ganze im Blick haben, davon sprach auch schon Johann Pestalozzi vor mehr als 200 Jahren. Er erklärte es mit den drei Schlagwörtern „Kopf, Herz und Hand“. Gemeint hat er damit, dass Lernen nur im Einklang von Körper, Seele und Geist geschehen kann. Das bedeutet, dass Kinder zum Beispiel Wissen am besten verarbeiten und speichern können, wenn sie es nicht nur gehört, sondern es auch selbst erlebt haben und dadurch auch Emotionen dabei verspürten.
Der Kopf steht dabei für das Erkennen und Denken, für die Wissensvermittlung und das Erklären.
Das Herz steht für die Emotionen und für die Motivation, Lust und Neugierde.
Die Hand steht für das eigene Tun, das Ausprobieren und Erleben, für das Körpererleben, für Sinneswahrnehmungen und für das Erfahrungen- Sammeln.
Das Ganze im Blick haben, heißt auch, das Kind auf allen Kanälen beim Lernen zu unterstützen. Im Bezug auf den Orientierungsplan für Bildung und Erziehung bedeutet das, Impulse, Anregungen und Spielanlässe in allen Entwicklungsbereichen (Körper, Sinne, Sprache, Denken, Gefühl/Mitgefühl, Sinn/Werte/Religion) anzubieten.
All diese Erkenntnis führen mich zu dem Schluss, dass Lernen nicht in einem Bestimmten Zeitrahmen stattfindet, sondern kontinuierlich und ganz nebenbei.
Da nichts näher an uns ist, als die Jahreszeiten mit ihren spannenden Veränderungen in der Natur und den vielen Festen und Feiern, füge ich in meiner Konzeption, in meiner Arbeit mit den Kindern, den Zusatz „anhand der Jahreszeiten“ hinzu. In den verschiedenen Jahreszeiten gibt es viel zu entdecken und spanendes zu erleben, ganz nah an der Lebenswelt der Kinder.
Zum ganzen Kind gehört, nicht zu vergessen, auch die Familie zu Hause. Daher ist es mir wichtig auch die Familien meiner Tageskinder immer wieder in den Alltag miteinzubeziehen bzw. auf verschiedene Weisen teilhaben zu lassen. Elternbriefe mit Liedern und Fingerspielen aus unserem Alltag, Bilder, kleine Geschenke der Jahreszeiten und Aushänge können dies zum Beispiel fördern.